Intervention

Voraussetzungen für eine Intervention (Kontaktmöglichkeit mit dem Kultmitglied) sind ein vertrauensvoller, respektvoller Umgang der Bezugspersonen mit dem Mitglied, Einfühlungsvermögen, Geduld und intensive Zusammenarbeit. Nur dadurch kann eine neue Vertrauensbasis zwischen Kultmitglied und Angehörigen entstehen. Diese neue Vertrauensbasis ist unabdingbare Voraussetzung dafür, dass sich das Kultmitglied in Phasen des Zweifelns ratsuchend an seine Angehörigen oder Freunde wendet und bei ihnen Antworten auf Fragen und Probleme sucht, die sich im Kultalltag ergeben haben. Das Kultmitglied kann dann dabei unterstützt werden, Widersprüche für sich zu klären, Zweifel an der Ideologie zu äußern und schließlich wieder logisch/rational zu denken.

Auf diese Weise kann eine Phase der inneren Verarbeitung stattfinden und das Mitglied wird leichter in eine Beratung einwilligen, um sich über seinen Kult und seine eigene Einbindung darin auszutauschen. Immer wieder suchen Kultmitglieder auch aus eigenem Antrieb eine Beratungsstelle auf, um ihre Kulterfahrungen zu besprechen und zu bearbeiten, ohne dass Angehörige die Initiative dazu ergriffen haben.

Intervention
Oft ist es hilfreich, wenn bei dem ersten Gespräch mit dem Kultmitglied ein ehemaliges Mitglied der entsprechenden Gruppe anwesend ist.
Anzahl und Dauer der Gespräche mit dem Kultmitglied sind u. a. abhängig von der jeweiligen Persönlichkeitsstruktur, den Eintrittsmotiven, der erfolgten Angehörigenberatung, der Dauer der Mitgliedschaft sowie der Position des Mitglieds innerhalb des Kultes. Ziel der Intervention ist es, das Kultmitglied anzuregen, alternative Gedanken, Informationen und Sichtweisen zuzulassen, um dadurch Wahlmöglichkeiten zu schaffen und persönliche Entscheidungen zu erleichtern.
Inhalte der Gespräche mit dem Mitglied sind die Vermittlung von Hintergrundinformationen über den Kult (Stufe I), über Indoktrinations- und Bewusstseinskontrolltechniken, über psychologische Modelle und Theorien, wie z. B. Kognitive Dissonanz, Forced Compliance, Locus of Control, Konformität, Deindividuation, Selektive Wahrnehmung, Attribution, Self Fulfilling Prophecy, Erlernte Hilflosigkeit, Gehorsamkeit gegenüber Autoritäten, Selbstkonzept, Selbstwert etc. (Stufe II).
Die Bewertung positiver Kulterfahrungen des Mitglieds und Überlegungen für die Rehabilitation müssen spätestens hier mit berücksichtigt werden.